In Deutschland haben wir aktuell die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten. Konsumgüter und Waren des täglichen Gebrauchs werden immer teurer. Zuletzt stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahr um über sieben Prozent. Ist es jetzt noch sinnvoll einen Konsumkredit aufzunehmen?
Ist Inflation gut oder schlecht für meinen Kredit?
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Grundsätzlich ist Inflation gut für Kredite. Nominal zahlt der Kreditnehmer während der gesamten Kreditlaufzeit den gleichen Betrag zurück, real ist dieser mit der Zeit immer weniger Wert. Ein aktuelles Beispiel wäre ein Autokredit. Vor zwei Jahren wurde ein 20.000 Euro Autokredit aufgenommen und der Kauf eines Gebrauchtwagens damit finanziert. Die monatliche Belastung beträgt z.B. 400,- Euro. Durch eine hohe Inflation und Rohstoffmangel am Neuwagenmarkt, wurden Autos zur Mangelware am Gebrauchtwagenmarkt und die Preise stiegen z.B. um 10-20%. Damit verteuerte sich diese Anschaffung aus Sicht von heute. Um dieses Auto zwei Jahre später (also heute) zu kaufen, wären inzwischen 22-24.000 Euro nötig. Die Kreditrate wäre also deutlich höher.
Dies ist natürlich ein Extrembeispiel, jedoch lässt es erahnen, wie sich Kredite auf bestimmte Investitionen und Konsumgüter während einer Inflation auswirken. Entscheidend ist die Frage: Wofür wird der Kredit aufgenommen?
Kredite während Inflation für materielle Güter sinnvoll
Ein Auto gehört selten zu den Konsumgütern, die wertstabil sind oder sogar an Wert gewinnen. Klassisch für einen solchen Wertzuwachs wären hier mittelfristig z.B. Immobilien oder Gold zu nennen. Durch eine hohe Inflationsrate (aktuell überwiegend auf Grund der Energiepreise) steigen im Allgemeinen die Kosten für Produktion und Vertrieb der Güter. Dies wird im Laufe der Zeit an den Endverbraucher weitergereicht, da die Marge des Produzenten sich ansonsten reduzieren würde. Je nach Produkt, kann die Wertschöpfungskette sehr lang sein. Wenn jede beteiligte Partei höhere Kosten hat, werden entsprechend die Preise an den Kunden angepasst.
Geht man davon aus, dass die Kosten für Waren und Konsumgüter in den nächsten Monaten und Jahren weiter steigen, kann es sinnvoll sein, jetzt zu kaufen oder finanzieren. Dadurch sichert man sich den heutigen Preis und hat einen gewissen materiellen Gegenwert. Die Kreditrate bleibt über die gesamte Laufzeit gleich. Vor allem bei größeren Investitionen wie z.B. einem Auto, einer Terrassenüberdachung oder einem Pool kann ein Kredit heute sinnvoll sein.
Kredit aufnehmen oder lieber sparen?
Bei klassischen Konsumgütern würde ich persönlich immer zum sparen tendieren. Kredite sind nichts anderes als eine vorweggenommen Konsumausgabe, die man in den nächsten Jahren monatlich zurückzahlen muss. Eine Ausnahme bilden natürlich Immobilien, die sich Verbraucher ohne eine Finanzierung nicht leisten können.
Während einer hohen Inflationsrate muss ich fairerweise gestehen, dass der vorweggenommene Konsum in einigen Fällen sinnvoll ist. Vor allem bei größeren Investitionen ist es sinnvoll, das Ganze aktuell mit einem Kredit zu finanzieren anstatt das Geld dafür zu sparen. Nachfolgend ein einfaches Beispiel, wieso ich meine Meinung in den letzten Monaten geändert habe:
Familie P. möchte sich gerne einen Pool für den Garten bauen lassen. Der Pool kostet 10.000 Euro und die Familie hat aktuell 5.000 Euro gespart. Familie P. hat 2 Möglichkeiten:
- Sie spart über die nächsten zwei Jahre weiter und kann den Pool dann bar bezahlen
- Sie kauft den Pool jetzt und muss zusätzlich einen 5.000 Euro Konsumkredit dafür aufnehmen
Sparen lohnt sich heute nicht mehr
Auf das gesparte erhält man seit Jahren keine Zinsen mehr, oftmals müssen Strafzinsen gezahlt werden, sobald sich ein zu hohes Guthaben auf dem Konto befindet. Durch eine hohe Inflationsrate verliert das gesparte Geld jährlich an Wert. Das heißt, bei der aktuellen Inflationsrate von sieben Prozent wären die gesparten 5.000 Euro der Familie P. im nächsten Jahr nur noch 4.650 Euro wert. Auf dem Konto steht zwar weiterhin 5.000 Euro als Guthaben, allerdings kann die Familie nur noch Sachen damit kaufen, die heute einen Gegenwert von 4.650 Euro haben.
Wenn Familien P. jetzt also noch zwei Jahre sparen würde, würde die Rechnung bei einer angenommenen Inflationen von sieben Prozent sehr vereinfacht wie folgt aussehen:
5000,- Euro x 0,93 (100% aktueller Wert- 7% Inflation) = 4.650 Euro im ersten Jahr + 2.500 Euro Sparquote = 7.150 Euro nach dem ersten Jahr des sparens
7.150 Euro x 0,93 = 6.649,50 Euro inflationsbereinigt nach dem zweiten Jahr + 2.500 Euro Sparquote im zweiten Jahr = 9.149,50
Der Gegenwert des Ersparten wäre also “nur” ca. 9.149,50 Euro anstelle von den benötigten 10.000 Euro. In der Realität würde die Familie P. das Geld vollständig auf dem Konto haben, die Kaufkraft wäre aber entsprechend niedriger. Steigen die Preise jährlich weiter um sieben Prozent, würde der Pool in zwei Jahren anstatt 10.000 Euro dann 11.449,- Euro kosten. Für den hohen Preisantieg ist der Zinseszins Effekt verantwortlich (10.000 Euro x 7% im ersten Jahr = 10.700,- Euro x 7% im zweiten Jahr = 11.449 Euro)
Ausgaben über Konsumkredit finanzieren
Nehmen wir an, Familie P. würde die fehlenden 5.000 Euro für den Pool heute über einen klassischen Ratenkredit zur freien Verfügung, wie z.B. über SMAVA finanzieren. Schaue ich mir aktuell (Stand Juni 2022) im Kreditrechner die Konditionen für einen 5.000 Euro Kredit mit 24 Monaten Laufzeit an, so erhalte ich z.B. folgendes Angebot:
2/3 aller Kunden erhalten bei Kredit2Day einen effektiven Jahreszins von 4,71% und müssen insgesamt 5.243,70 Euro nach zwei Jahren Laufzeit zurückzahlen. Das bedeutet, der Pool würde aus heutiger Sicht nicht 10.000 Euro kosten, sondern 10.243,70 Euro inkl. Zinsen während der gesamten Laufzeit. Vergleicht man das jetzt mit den Kosten in zwei Jahren, lohnt sich ein kreditfinanzierter Kauf wirtschaftlich mehr.
Zinsen für Kredit bei Inflation entscheidend
Die Zinsen für Immobilien steigen bereits seit einigen Monaten sehr stark. Grund sind schrittweise Zinserhöhungen der FED und demnächst auch der EZB. Dadurch wird das Geld leihen für die Banken und Sparkassen bei den Zentralbanken teurer. Diese Mehrkosten geben die Banken dann an den Endkunden durch erhöhte Zinsen weiter.
Aktuell ist die Inflation bedingt durch die Pandemie und den Ukraine Konflikt sehr schnell und stark gestiegen. Ein bewährtes Mittel, um Inflation entgegenzuwirken ist eine Zinserhöhung und damit einer Verteuerung des Geldleihens. Die Zentralbanken weltweit sind hier jedoch recht träge und passen die Zinsen entsprechend langsam und in mehreren Schritten nach oben an. Dadurch haben wir jetzt die seltene Situation, dass die Kreditzinsen für Konsumkredite aktuell noch unter der Inflationsrate liegen. Das heißt Kreditnehmer müssen real weniger zurückzahlen, als sie eigentlich aufgenommen haben (siehe hierzu auch den Tagesschau Artikel).
Nur sinnvolle Ausgaben mit Kredit finanzieren
Neben der Zinsen ist auch die Art bzw. der Verwendungszweck des Kredits dafür entscheidend, ob es sich lohnt während einer hohen Inflation einen Kredit aufzunehmen. Vor allem technische Geräte wie große Flachbildfernseher, moderne Smartphones etc. sollten nach Möglichkeit nicht über Kredite finanziert werden. Diese verlieren trotz hoher Inflation an Wert und sind nach wenigen Jahren technisch veraltet. Auch teure Reisen, die fremdfinanziert wurden, sollten gut überlegt sein.
Eine neue moderne Küche zu finanzieren kann hingegen sinnvoll sein, wenn dadurch langfristig die Energiekosten gesenkt werden und die Preise hierfür tendenziell weiter steigen werden.
Steigt mein Einkommen bei Inflation auch?
Wenn alles teurer wird, sollte auch das eigene Einkommen entsprechend nominal steigen, um den eigenen Lebensstandard aufrecht zu erhalten. Im Idealfall steigt das Einkommen mind. in Höhe der Inflationrate, so dass es real keinen Kaufkraftverlust gibt und der Verbraucher sein Leben ohne Einschränkungen weiter führen kann. Unter solchen Idealbedingungen würde ein Einkommen von 3.000,- Euro monatlich nach zwei Jahren auf 3.434,70 Euro steigen, um die Inflation komplett auszugleichen (3.000 x 1,07 = 3210 x 1,07 =3.434,70 Euro).
Durch das nominal höhere Einkommen wäre eine auf Jahre festgeschriebene Kreditrate für den Haushalt zu einer kleineren Belastung geworden. Es ist ein großer Unterschied, ob der Haushalt monatlich 300,- Euro Kreditrate abtragen muss bei einem Einkommen von 3.000,- Euro oder bei einem Einkommen von 3.434 Euro.
Was theoretisch super klingt, wird in der Praxis so kaum umsetzbar sein. Kaum ein Arbeitnehmer oder Angestellter wird kurzfristig die Inflation über eine Gehaltsanpassung ausgleichen können. Dieser Prozess ist stark zeitverzögert und in den meisten Fällen führt eine schnelle Inflationserhöhung zu einem dauerhaften Kaufkraftverlust. Mittelfristig wird bei einer Anpassung des Einkommen entsprechend auch die Belastung durch den Kredit aber sinken.
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Gregor Zmuda studierte Betriebswirtschaftslehre an der Justus-Liebig Universität in Gießen und schloß sein Studium als Diplom Kaufmann 2008 ab. Seit dem Wirtschaftsstudium beschäftigte er sich sehr intensiv mit Finanzen und gründete 2020 das Kreditmagazin. Daneben betreibt er weitere Fachportale aus dem Bereich Finanzen & Versicherungen und klärt Verbraucher objektiv über verschiedene Vor- und Nachteile jeweiliger Produkte auf.